Redebeitrag Janine Vinha Generaldebatte Haushalt 2024

Hinweis: Der hier veröffentlichte Redebeitrag weicht aufgrund der Redezeitbegrenzung auf andere Stadtverordneten teilweise von dem in der Stadtverordnetenversammlung gesprochenem Wort ab.

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, liebe Kolleginnen und Kollegen,

In diesen finanziell herausfordernden und krisengeprägten Zeiten liegt es an uns allen, die Zukunft unserer Stadt verantwortungsvoll zu gestalten. Und dies haben wir auch getan: Die Kooperation hat sich der Verantwortung für einen Haushalt gestellt. Es war insbesondere für uns als kleine Fraktion eine enorme Herausforderung, doch gerade diese Herausforderungen treiben uns an.

Allerspätestens Ende Juni 2023 war allen politischen Akteuren klar, dass dieser Haushalt uns vor extreme Herausforderungen stellen wird, wobei sich dies ja auch bereits in den vorherigen Sitzungen der Arbeitsgruppe vom Zero-Based-Budgeting schon abgezeichnet hatte. Wir standen vor der Herausforderung, die Haushaltslage sorgfältig zu prüfen und sowohl Einsparungen als auch mögliche Einnahmequellen zu finden. Dies war kein einfacher Prozess und hat uns vor viele Probleme gestellt. Wie wir damit umgegangen sind, dazu wird unser finanzpolitischer Sprecher Achim Sprengard gleich noch mehr sagen.

Aber lassen Sie mich auch das sagen: Wir haben dieses Jahr mit viel Blut, Schweiß und Tränen gravierende Einschnitte in unser soziales und kulturelles Netz vermieden. Es wird keine Hortplätze für 750€ im Monat geben, Jugendzentren werden nicht geschlossen und Kultureinrichtungen wird nicht wie befürchtet ⅓ ihres Budgets gestrichen.

Wir haben auch erkannt, dass es notwendig ist, mehr Transparenz im städtischen Haushalt zu schaffen, damit alle Stadtverordneten die Finanzen der Stadt nachvollziehen können. Die Bereitschaft der Dezernate, diese Transparenz zu verbessern, hat sich im Verlauf der Beratungen erhöht, aber es gibt noch viel zu tun.

Aber es ist auch klar: Wir dürfen uns nicht von den Versäumnissen der vergangenen Jahrzehnte aufhalten lassen, sondern müssen voranschreiten und den Menschen zeigen, welche Lösungen wir trotz von den Vorgängerregierungen auch unter Beteiligung der CDU “geerbten” Finanzbelastungen für machbar halten. Hierfür braucht es Pragmatismus, Kompromissbereitschaft und teilweise auch schmerzhafte Zugeständnisse ohne dogmatische Scheuklappen.

Digitale Transformation – Nicht nur ein Sparprogramm, sondern ein Zukunftsprogramm 

Nun lassen Sie mich zu den Inhalten unseres Haushaltsantrages kommen: Ein wichtiger Punkt für die Zukunft und den Wandel innerhalb der Stadtverwaltung stellt weiterhin die Digitalisierung dar. Die digitale Transformation ist nicht nur ein Weg, um Kosten zu sparen. Sie ist unser Schlüssel zur Zukunft. Nehmen wir das Beispiel von Helga Müller aus der Taunusstraße: Ihre Erfahrung mit unseren digitalen Diensten, die es ihr ermöglichten, ihren Wohnsitz komplett digital anzumelden, zeigt, wie wir das Leben unserer Bürgerinnen und Bürger vereinfachen können. In der weiteren Bearbeitung können nun ebenfalls die städtischen Mitarbeitenden durch effektivere Prozesse entlastet werden. Solche Geschichten sind es, die uns zeigen, wie vorteilhaft die Digitalisierung sein kann. Durch Prozessoptimierung, wie die Einführung digitaler Signaturen und eine effiziente Software-Lizenzverwaltung, sparen wir nicht nur Geld, sondern verbessern auch die Dienstleistungen für unsere Bürgerinnen und Bürger – und genau dies werden wir mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf und den gezielten Investitionen in die Digitalisierung weiter vorantreiben. 

Gleichzeitig dürfen wir nicht die Augen davor verschließen, dass in den vergangenen Jahrzehnten in Wiesbaden vieles liegen geblieben ist – uns allen muss klar sein, dass wir jahrelange Fehlentwicklungen nicht sofort ausgleichen können und dies nun massive Anstrengungen aller Beteiligten und begabte Fachkräfte erfordert. Es ist unerlässlich, dass wir wie im Begleitantrag der Kooperation beschlossen, stadtintern Strukturreformen durchführen, um langfristige Kosteneinsparungen zu erzielen. Durch gezielte Organisationsuntersuchungen werden wir Ineffizienzen aufdecken und strukturelle Verbesserungen vornehmen, die nicht nur Kosten sparen, sondern auch die Leistungsfähigkeit unserer Stadtverwaltung und deren Fachkräfte verbessern. Ein einfaches “Weiter-so” wird es mit uns nicht geben.

Der Aufbau eines KI-Kompetenzzentrums ist ein weiterer Schritt, um Wiesbaden in die Zukunft zu führen. Künstliche Intelligenz bietet uns und städtischen Mitarbeitenden ungeahnte Möglichkeiten, städtische Herausforderungen effizient und innovativ zu lösen. Ob Verkehrsmanagement, Umweltüberwachung von Wasser- oder Luftqualität, Bürgerbeteiligung und Servicebereitstellung. Das alles und mehr ist mit KI wesentlich schneller und genauer zu bewerkstelligen und wird mit diesem Haushalt in Angriff genommen. Ein besonderes Anliegen ist auch die dringend notwendige Einrichtung und gute Ausstattung des zentralen Fördermanagements, damit Fördergelder voll ausgeschöpft und maximal effektiv eingesetzt werden. 

Wir sind überzeugt, dass Wiesbaden durch den Einsatz von KI und die Erschaffung einer Smart-City eine Vorreiterrolle in der digitalen  Entwicklung einnehmen kann, während das zentrale Fördermanagement dringend benötigte Fördermittel dort einsetzt, wo es sie am dringendsten benötigt werden. Dies stärkt einerseits die Effizienz und spart Kosten innerhalb der Stadtverwaltung, andererseits wirkt dies aktiv dem Fachkräftemangel entgegen.

 New Work – Attraktiver Arbeitgeber in schwierigen Zeiten

Stichwort Fachkräfte: Es ist kein Geheimnis, dass die Zeiten schwierig sind und der öffentliche Dienst für viele Fachkräfte wegen veralteter Denk- und Arbeitsweisen nicht immer allzu attraktiv ist. Aber gerade jetzt müssen wir als attraktiver Arbeitgeber agieren. Wir setzen auf flexible Arbeitszeiten und moderne Arbeitsplatzgestaltung, um talentierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzuziehen und zu halten. Genau das wollen wir erreichen und genau das brauchen wir, um die kreativsten Köpfe auch für die Stadt zu gewinnen. 

Kreativität ist auch ein wichtiger Standortfaktor: Wir setzen uns für die Stärkung des Wirtschaftsstandorts Wiesbaden ein, denn eine gute Wirtschaftspolitik zeichnet sich durch mehr aus, als den reinen Fokus auf die Gewerbesteuer. Die im Haushaltsantrag beschlossene Förderung des Innovations- und Kreativzentrums Altes Gericht und die Einrichtung eines Social- and Sustainability Startup-Hubs sind nur einige Beispiele, wie wir Innovation fördern und Wiesbaden als attraktiven und kreativen Standort für zukunftsorientierte Unternehmen positionieren möchten.

Open Data – Transparenz als Basis für Vertrauen

Wir brauchen auch Transparenz als Basis für Vertrauen. In einer Zeit, in der jeder Cent zählt, ist das entscheidend. Unsere Open Data-Initiative ist mehr als nur ein Projekt; sie ist ein Versprechen für Offenheit und Bürgernähe. Indem wir nun endlich das Prinzip „Open per Default“ in der Stadt einführen, können alle zur Verfügung stehenden Daten genutzt werden – dies ist ein riesiger Schatz, auf dem wir als Stadt Wiesbaden sitzen und der bisher kaum genutzt wurde. Wir laden alle Bürger*innen und alle kreativen Köpfe in dieser Stadt ein, Teil der smarten Stadtentwicklung zu sein. Ihre Ideen und Ihr Engagement sind es, die Wiesbaden zu einem besseren Ort machen – genau hierfür haben wir im Haushalt mit Geldern für das neue Open-Data-Portal den Grundstein gelegt.

Herausfordernde Verhandlungen – Gemeinsam für Wiesbaden

Die Verhandlungen waren zweifellos herausfordernd. Doch gerade in solchen Zeiten zeigt sich der wahre Charakter einer Stadt und ihrer politischen Vertreter*innen. Wir schätzen es, dass einige Fraktionen – insbesondere möchte ich die FDP und FWG/Pro Auto hervorheben – ihre eigenen Ideen und Vorstellungen in die Diskussionen im Finanzausschuss eingebracht haben und damit den demokratischen Wettstreit um die besten Lösungen für unsere Stadt bereichert haben.

Es gibt jedoch auch solche, die sich dafür entscheiden, eher am Rand zu stehen und sich lediglich durch polemische Äußerungen in Pressemitteilungen oder in sozialen Medien bemerkbar zu machen. Ich möchte dieses Verhalten nicht bewerten, möchte jedoch betonen, dass Kritik am Prozess der Haushaltsaufstellung nur dann fruchtbar ist, wenn sie auf konstruktiven Lösungen und nicht auf Polemik basiert. 

Unser Dank gilt allen Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung und der Fraktionsgeschäftsstellen für ihr unermüdliches Engagement. Wir sind zuversichtlich, dass die Kämmerei den Prozess, wie bereits in der Haushaltskonferenz am 17. November angekündigt, im nächsten Jahr weiter optimieren wird, und freuen uns auf eine Fortsetzung eines konstruktiven Dialogs zum Wohle unserer Stadt und den besten Ideen für ein Wiesbaden, das nicht nur finanziell stabil ist, sondern auch innovativ, modern und lebenswert.

Vielen Dank!