Redebeitrag Achim Sprengard Generaldebatte Haushalt 2024

Hinweis: Der hier veröffentlichte Redebeitrag weicht aufgrund der Redezeitbegrenzung und Reaktionen auf andere Stadtverordneten teilweise von dem in der Stadtverordnetenversammlung gesprochenem Wort ab.

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, sehr geehrte Damen und Herren,

Wir diskutieren heute über den Haushaltsentwurf für das Haushaltsjahr 2024. 

Bereits der Entwurf des Kämmerers für die Jahre 2024 und 2025 wies für den Ergebnishaushalt einen Fehlbetrag von rund EUR 40 Mio bzw. EUR 42 Mio aus. Und das obwohl der Kämmerer die Dezernate aufgefordert hatte, signifikante Einsparungen vorzunehmen.

Insbesondere der Anstieg des Defizits in 2025 im Haushaltsentwurf ist ein absolutes Warnsignal, das zeigt, dass ohne weitere Maßnahmen auch mittelfristig kein ausgeglichener Haushalt möglich sein wird. Und was das bedeutet, wissen wir alle. Die Pflicht zur Erstellung eines Haushaltssicherungskonzepts.

Dass seitens der Dezernate on top auf dieses Defizit pro Jahr noch mehr als EUR 200 Mio weitere Bedarfe gemeldet wurden, verschlug jedem Haushaltspolitiker anschließend die Sprache.

Also was tun? Die erste Reaktion, nämlich einfach alle  weiteren Bedarfe auf Null zu setzen, stellte sich schnell als nicht realisierbar heraus, da die weiteren Bedarfe eine Vielzahl von Einzelposten umfassten, die schlicht nicht einfach gestrichen werden konnten. 

Als Beispiel seien hier Tariferhöhung oder Zusetzungen für Stellen genannt, die 2023 besetzt wurden und im zugrunde liegenden Ist des Jahres 2022 nicht enthalten waren. Ein Verzicht auf die Zusetzungen hätte die Notwendigkeit für Kündigungen ausgelöst, was unweigerlich zu einer signifikanten Einschränkung der Dienstleistungsqualität in den Ämtern und städtischen Einrichtungen geführt hätte. 

Nennen möchte ich aber auch „Vorbelegungen“ des Haushalts, für die insbesondere die in der letzten Legislatur bestehende Kooperation aus CDU, SPD und Grüne letztlich verantwortlich zeichnen. Ich meine damit die Nutzung von Mietmodellen. Durch die Auslagerung von Investitionen auf städtische Gesellschaften konnten die Investitionsvolumen in den letzten Jahren, insbesondere für Schulen, signifikant ausgeweitet werden. So wichtig und richtig diese Entscheidungen auch waren, jetzt wo die Gebäude stehen muss die Stadt die Mietzahlungen leisten. Letztlich waren das alles Schecks die auf die Zukunft ausgestellt wurden.

Dieses Sparen um jeden Preis hätte der Stadt mehr geschadet als genutzt.

Es blieb also nur eines übrig. Jeden Posten einzeln anschauen und jedes Mal abwägen, ob eine Streichung vertretbar ist oder nicht. Aber das war ja der Herausforderung nicht genug. Es musste auch für jede Zusetzung noch eine Gegenfinanzierung gefunden werden, schließlich war ja der Kämmererentwurf schon Dicke im Minus.

Weitere Einsparungen mussten somit im Kernhaushalt gefunden oder eben neue Einnahmequellen generiert werden.

Da Einnahmeerhöhungen immer bedeuten, dass wir irgendjemand ins Portemonnaie greifen, verbietet es sich primär hierüber den Haushalt auszugleichen. Vielmehr muss geschaut werden wo Abläufe effizienter gestaltet werden können und möglicherweise auch Dinge vollständig gestrichen werden.

Wie schwierig es jedoch ist, den Kernhaushalt zu verstehen, haben wir alle in der Arbeitsgruppe ZBB leidvoll erfahren. Der Kernhaushalt in seiner heutigen Struktur ist für ehrenamtliche Stadtverordnete schlicht nicht zu durchschauen. 

Und lassen Sie mich das auch deutlich sagen, zumindest zu Beginn der Beratungen war die Bereitschaft der Dezernate, hier mehr Transparenz zu schaffen, nicht besonders ausgeprägt. Das hat sich im Verlauf der Beratungen dann aber doch deutlich gebessert. 

Sehr geehrte Damen und Herren, mit Blick auf die nächsten Haushalte müssen wir aber dahin kommen, dass die Finanzen der Stadt so transparent werden, dass sie ohne Hilfe aus der Verwaltung von jedem Stadtverordneten nachvollzogen werden können. Nur so können wir unserer Verantwortung gerecht werden!

Aber lassen Sie mich zurückkommen zum aktuellen Haushalt. Leider ist der städtische Haushalt, wie auch der Haushalt auf Bundesebene, teilweise versteinert. Von 1,5 Mrd. entfallen 2024 lt Kämmererentwurf rd. 500 Mio € auf Transferaufwendungen, über 365 Mio € auf Personal und rd. 210 Mio € auf Zuschüsse. Das sind mehr als ⅔ des Haushalts meine Damen und Herren.

Auf Sach- und Dienstleistungskosten entfallen mit 230 Mio € gerade mal rd. 15 %. Der Teil des Haushalts der also wirklich disponibel ist, ist recht überschaubar und dabei habe ich Mieten u.ä. hier schon mit eingerechnet.

Kurzfristige Kostensenkungen sind somit nur in überschaubaren Umfang möglich. Neben der Streichung vereinzelter Posten durch die wir immerhin mehrere Mio € eingespart haben, haben wir uns in der Kooperation dafür entschieden, pauschale stadtweite Effizienzvorgaben zu machen. Dies betrifft sowohl eine pauschale Einsparung von 5% der Sachkosten sowie der Energiekosten als auch die Einsparung von rd. 2 % Personalkosten. Außerdem setzen wir die Rathaussanierung für mindestens ein Jahr aus und bewerten die Notwendigkeit des Verwaltungsstandorts Weidenbornstraße.

Was die Einnahmeseite angeht, haben wir einige unpopuläre Entscheidungen treffen müssen. Die Gewerbesteuererhöhung, wenn auch nur um 6 Basispunkte, zählt dazu. Hier stehen wir als Voltfraktion dazu, dass wir noch vor einigen Monaten mit Verweis auf den Kooperationsvertrag die Aussage getroffen haben, dass wir keine Erhöhung planen. Das ließ sich letztlich leider nicht durchhalten, wir sind jedoch der Meinung, dass die Erhöhung um nur 6 Basispunkte von 454 auf 460 Basispunkte gezeigt hat, dass wir es in der Kooperation gemeinsam geschafft haben, der vermeintlich einfachen Lösung einer deutlichen Erhöhung des Hebesatzes zu widerstehen. 

All diese Maßnahmen helfen uns dieses Jahr durch die Kurve zu kommen, damit wir aber nicht mit dem Haushalt 2025 aus der Kurve fliegen, muss noch viel mehr getan werden. 

Hier wollen wir durch Organisationsuntersuchungen und Strukturreformen, die wir mit einem Begleitantrag einbringen, den Anstoß für weitere Effizienzverbesserungen machen. Insbesondere der Block der Personal- und Sachkosten muss im Haushalt 2025 weiter reduziert werden.

Man kann auch nur immer wieder an die Bundesregierung und die neue Landesregierung appellieren, dass Konnexitätsprinzip ernst zu nehmen. Wer Leistungen bestellt, sollte diese auch bezahlen. Höhere Zuschüsse von der Bundes- oder Landesebene würde massiv dazu beitragen, die kommunalen Haushalte wieder ins Lot zu bringen.

Damit wir auch in 2025 gravierende Einschnitte in das soziale und kulturelle Netz der Stadt vermeiden können, müssen wir uns alle eigentlich schon ab Januar wieder mit dem Haushalt beschäftigen.

Und ich wünsche uns wirklich allen, dass wir es bis zu den Haushaltsberatungen 2025 schaffen, die Kostenseite in den Griff zu bekommen und vielleicht sogar die ein oder andere positive Überraschung auf der Einnahmenseite erleben. 

Dann machen die Klausurtagungen auch wieder mehr Spaß und sind kein reines Streichkonzert. Und vielleicht gibt es dann sogar mal wieder einen Beratungsvorschlag von der CDU Fraktion. Ansonsten gilt halt auch bei Ihrer nächsten Haushaltsklausur wieder das Motto: Außer Spesen nix gewesen. 

Insgesamt komme ich zu dem Ergebnis, dass der vorliegende Haushalt bestimmt nicht das ist was wir uns als Voltfraktion gewünscht haben. Er enthält viele unschöne Dinge, nicht zuletzt die Gewerbesteuererhöhung und die Anpassung des Kurbeitrags. 

Unter Berücksichtigung sowohl der Haushaltslage und der Interessen der gesamten Stadtgesellschaft halten wir diesen aber für insgesamt tragfähig und bitten um Ihre Zustimmung.

Vielen Dank.